● "Ein Mann namens
Harry Brent" war als letzter Durbridge-Krimi geplant. Doch der
WDR-Standpunkt, aufzuhören, wenn der Höhepunkt erreicht ist, wurde
seitens des Kölner Senders schnell revidiert und so kam es mit "Wie ein
Blitz" zur 9. deutschen Durbridge-Verfilmung.
● "Wie ein Blitz" war der erste Durbridge-Krimi in Farbe und wurde
1969/70 an Originalschauplätzen in England (London, Winchester,
Kanalküste) für 1,3 Millionen D-Mark gedreht und kostete damit fast
doppelt soviel wie "Ein Mann namens Harry Brent". Erstmals wurden alle
Außenaufnahmen auf der britischen Insel gekurbelt: Winchester und die
Gegend um Southhampton dienten über einen Monat lang als
Originalkulisse. Trotz ZDF-Konkurrenz sahen 36,4 Millionen Zuschauer zu,
das entspricht einer Einschaltquote von 84%.
● Das Drehbuch umfasste 350 Seiten.
● Die Originalversion von "Wie ein Blitz" war in England schon gelaufen
(siehe oben). Der WDR veranlasste diesmal allerdings, dass der 3. Teil
umgeändert wurde (natürlich von Durbridge), damit niemand, der Bekannte
auf der Insel hatte, das Ende erraten konnte. Außerdem verwendete
Durbridge für die deutsche Version die Originalfassung seines Drehbuchs,
das er für die BBC verfasst hatte, die er dann aber umschreiben musste,
als der britische Sender statt sechs nur fünf Folgen haben wollte und er
Teil 5 & 6 zu einem neuen Teil 5 zusammenschweißen musste.
● Francis Durbridge besuchte das deutsche Set und die Darsteller. Dabei
wurden ihm und seiner Ehefrau die bereits in England gedrehten
Außenaufnahmen in einer internen Vorführung im WDR gezeigt. Nachdem er
diese gesehen hatte, sagte er, der auch die italienischen und englischen
Fassungen seiner Stücke kannte: „Das ist das Beste! So etwas hatte ich
nicht erwartet“ und weiter: „Die deutsche Lösung ist anders. Ich habe
zusammen mit dem Dramaturgen des WDR das Buch entscheidend verändert“.
Nur bei der Szene, in der Albert Lieven erschossen wird, schaute der
Meister der feindosierten Spannung weg: „Ich kann kein Blut sehen!“,
sagte er damals zu den Journalisten.
● Regisseur Rolf von Sydow drehte zwei weitere Durbridge-Krimis: 1971
"Das Messer" mit Hardy Krüger 1977 "Die Kette" mit Harald Leipnitz.
Zuvor hatte er für den WDR bereits zwei erfolgreiche Mehrteiler gedreht:
"Der Idiot" (1968) nach Fjodor M. Dostojewski und "Bitte recht
freundlich, es wird geschossen" (1969).
● Aufregung gab es damals, weil das ZDF der ARD die Show stahl, in dem
man den neuen Durbridge-Star Peter Eschberg eine Woche vor Ausstrahlung
von "Wie ein Blitz" in der 19. „Der Kommissar“-Episode (Titel: "In
letzter Minute") auftreten ließ.
● Die Presse verkündete damals erneut, dass "Wie ein Blitz" der bis dato
beste Durbridge-Reißer sei. Sie zitiert unter anderem den
Außenrequisiteur Wolfgang Fredrich, der seit "Es ist soweit" (1960) bei
allen Durbridge-Mehrteilern mitgearbeitet hat. Dieser sagte: „Wie ein
Blitz wird alles in den Schatten stellen“.
● Bei Androhung einer Strafe von 45.000 DM (bei "Tim Frazer" (1963)
waren es nur 1000 DM gewesen), einer Summe, die Durbridges Honorar
entsprach, wurden die Hauptdarsteller zum Stillschweigen über den Inhalt
und die Auflösung des Mehrteilers verpflichtet.
● Zwei alte Durbridge-Routiniers standen hier erneut vor der Kamera:
Albert Lieven hatte nun schon seinen insgesamt vierten Auftritt bei
Durbridge und spielte nun nachdem er zweimal Hauptverdächtigen ("Der
Andere", "Das Halstuch") und einmal den Inspektor gab ("Die Schlüssel"),
das Mordopfer, um das sich die ganze Handlung dreht. Auch Eva Pflug war
vormals schon zweimal dabei gewesen, einmal als Mordopfer gemeinsam mit
Albert Lieven in "Das Halstuch" und einmal als Komplizin des Mörders in
"Tim Frazer-Der Fall Salinger".
● Die Szene mit dem Hovercraftboot im 3. Teil stand nicht im Drehbuch,
sondern Regisseur Rolf von Sydow, dem bei den Außenaufnahmen auch
britische Stabmitglieder zur Verfügung standen, kam auf die Idee.
● Peter Eschberg, später Intendant in Frankfurt, wurde laut Regisseur
Rolf von Sydow auf der Bühne in Köln entdeckt und für die Rolle besetzt.
Damalige TV-Zeitschriften berichteten, dass ein WDR-Dramaturg den Mann
auf der Bühne sah und Rohrbach verständigte, der Sydow auf Eschberg
ansetzte. Die Besetzung des Films wurde gemeinsam mit dem
WDR-Hauptabteilungsleiter Fernsehspiel, damals Günter Rohrbach, gemacht.
Der anglophile und in England lebende Albert Lieven übernahm die Rolle
des Gordon Stuart laut Rolf von Sydow als Freundschaftsdienst (aber
trotzdem sehr gerne). Seine Ermordung im Film (Schüsse - Blut läuft
durch die Hände), stand in dieser Art auch nicht so im Drehbuch, sondern
war eine Idee des Regisseurs.
● Obwohl in Farbe gedreht, wurden gewisse Szenen bei der Nachbearbeitung
etwas blasser gemacht.
● Kameramann Dieter Naujeck arbeitete hier viel mit der Handkamera.
● Geheimhaltung, wer der Täter ist, blieb auch beim "Blitz" das oberste
Gebot. Die letzten Drehbuchseiten wurden nur an jene ausgehändigt, die
tatsächlich bei der Überführung des Täters dabei waren. Eine schöne
Anekdote erzählt Rolf von Sydow im Bonusinterview der "Straßenfeger"-DVD:
nach Abschluss der Dreharbeiten wurden alle Drehbücher gebündelt und von
einer Brücke in den Rhein geworfen. Das Problem: der Stapel ging nicht
unter.
● Francis Durbridge reiste persönlich zum Start der Dreharbeiten an.
● Letztmalig wurden die Innenaufnahmen auf MAZ aufgezeichnet, während
die Außenaufnahmen auf Film gebannt wurden. Da man die MAZ nicht
schneiden konnte, wurden die Studioaufnahmen chronologisch gedreht. Dies
erklärt auch, warum eine Szene, in der das Wohnzimmer der Stuarts
zerstört wird, auf Film gebannt wurde. Es musste in einer darauf
folgenden Szene wieder "ordentlich" erscheinen (Teil 3). Daher zeichnete
man die "Zerstörer"-Szene zuvor auf Film auf und spielte sie dann ein.
● Gemeinsam mit dem Szenenbild-Verantwortlichen Lothar Kirchem ging
Regisseur Rolf von Sydow auf Motivsuche. Die Innendekorationen
orientierten sich an tatsächlich in Großbritannien existierenden
Wohnungen, Büros usw.
● Nach Ausstrahlung des Films war Peter Eschbergs Telefon laut
Presseberichten tagelang blockiert. Der damals 34jährige erhielt sogar
Morddrohungen von glühenden Verehrerinnen - wenn er sich nicht mit ihnen
treffen wollte, würde seiner Frau und seinem Kind etwas passieren.
Tausende Fanbriefe erreichten den gebürtigen Österreicher. Doch das
Problem: die ganz große Rolle kam nicht. Dabei erhielt er in den acht
Monaten nach Ausstrahlung des Films insgesamt sechs Krimirollen
angeboten, die er alle ablehnte. Er wollte nicht auf einen Typ
festgenagelt werden.
● Mit dem Komponisten Sam Spence hatte Regisseur Rolf von Sydow schon
ein Jahr zuvor bei dem Zweiteiler "Bitte recht freundlich, es wird
geschossen" zusammengearbeitet. Die "Wie ein Blitz"-Musik erschien auf
LP. In der vierten Folge der Serie "Ein Fall für zwei", die den Titel
"Das Haus in Frankreich" trägt, verwendet Sam Spence nochmals teilweise
verschiedene Melodien aus dem Durbridgekrimi.
● Um die Produktionskosten zu minimieren, spielte auch das Team hinter
der Kamera in Minirollen mit: bei Minute 56 des 3. Teils hat Regisseur
Rolf von Sydow einen Cameo-Auftritt als Sergeant Sloan. Dr. Günter
Rohrbach, der damaligen Fernsehspielchef des WDR spielt einen
Polizeiarzt, Produktionsleiter Joachim Glaser einen als Angler
verkleideten Polizisten, Aufnahmeleiter Fred Ilgner einen Schiffer.
● Die Presse ging mit "Wie ein Blitz" äußerst freundlich um: „Rolf von
Sydow hatte mit viel Liebe für Kleinigkeiten inszeniert“, „Gute
Schauspieler haben wir genug. Das bewiesen Horst Bollmann, Ingmar
Zeisberg, Peter Eschberg, Paul Hubschmid und die ganze Mannschaft“,
„Endlich wissen wir’s! Auch Luftkissenboote können Menschen jagen. Manch
James-Bond-Regisseur hätte neidisch der Schlusssequenz des neuen
Durbridge-Krimis zusehen und sich fragen dürfen, warum er nicht selber
auf ein derart monströses Verfolgungsinstrument gekommen ist. Das traf
wirklich „wie ein Blitz“. Kompliment also an Mr. Durbridge? Nein – es
geht an die Dramaturgie des WDR Köln, die diese grandiose „Action“
ersonnen haben. Das Kompliment geht aber auch weiter an Regisseur Rolf
von Sydow, der aus dem als „abgeschlafft“ verschrienen Altmeister
Durbridge herausholte, was herauszuholen war. Eine banale, dünne
Krimi-Idee wurde durch ihn – trotz Längen – zum Reißer", „Durbridge
lieferte das Gerüst, Sydow machte es sich in Profi-Manier zu Nutze“,
„Gelungen, die Besetzung!“, „Nuancierte Dialogregie, pointierte
Kameraführung, hübsch-schauerliche Horror-Gags und eine bis ins Detail
durchdachte, perfekt-glamouröse Ausstattung machten diesen Dreiteiler
nicht nur erträglich, sondern ansehenswert“. Die Zuschauer schrieben:
„Das war Durbridges bester Super-Thriller. Ein Spiel um Eifersucht und
Geld, geheimnisvoll, gruselig und nervenkitzelnd. Ein großes Lob auch
für die hervorragende Besetzung, vor allem Peter Eschberg“, Ein sehr
spannender und natürlicher Krimi. Die Rollen wurden von jeder einzelnen
Person hervorragend gespielt. Besonders Paul Hubschmid imponiert“ (E.
H., Stuttgart)
Die Vorlage und
die europäischen Versionen
"Wie ein Blitz" basiert auf dem Drehbuch "Bat out of hell", das Francis
Durbridge für die BBC 1966 geschrieben hat. Im Original handelte es sich dabei
um einen Fünfteiler (5 Folgen à 50 Minuten), der ab dem 29.11.1966 im britischen
Fernsehen ausgestrahlt und in schwarz/weiß gedreht wurde. Mit "À corps perdu"
(eine französische Redewendung, die mit "Ungestüm" oder "Blindlings" zu
übersetzen ist) strahlte der 2. Kanal des Französischen Fernsehens ORTF 1970 die
französische Version aus, die selbstverständlich - wie bei den französischen
Adaptionen üblich - nicht in England, sondern in Frankreich spielte. Fast auf
den Tag genau fünf Jahre nach der Erstsendung in der BBC startete im
italienischen RAI am 28.11.1971 der Fünfteiler "Come un uragano" ("Wie ein
Hurrikan"), ebenfalls in schwarz/weiß. Schließlich entstand 1972 mit "Jak
blyskawica" ("Wie ein Blitz") eine dreiteilige polnische Version.
Hier nun einige technische Angaben zu den Verfilmungen:
● Bat out of hell (Großbritannien - BBC 1966, 5 Folgen, s/w)
Drehbuch: Francis Durbridge, Szenenbild: Roy Oxley, Regie und
Produktion: Alan Bromly, Darsteller: Sylvia Syms (Diana Stewart),
John Thaw (Mark Paxton), Dudley Foster (Inspector Clay), Noel Johnson (Mr.
Stewart) Clive Graham (Sergeant Booth), David Quilter (Vince), Anna Windsor
(Mary Wayne), June Ellis (Thelma Bowen), June Bland (Mrs. Houston), Stanley
Meadows (Ned Tallby), Patsy Smart (Kitty Tracey) und andere
● À corps perdu (Frankreich - ORTF 1970, 5 Folgen, Farbe)
Drehbuch: Abder Isker nach einer Vorlage von Francis Durbridge,
Kamera: Marc Fossard, Regie: Abder Isker, Darsteller: André
Cellier (Philippe Deflandre), Danièle Delorme (Lydia Deflandre), Pierre Michaël
(Marc Rousseau), Micheline Luccioni (Guylaine Gauthier), Victor Lanoux
(Christian Gauetti), Philippe Lemaire (Raymond Gauthier), Alain Mottet (Victor
Colonna), Jacques Richard (Maurice Benjamin), Jeanne Pérez (Irène Bazin), Loumi
Iacobesco (Lydia Valesco), Pierre Plessis (Ludovic Cholet), Réjane Benetin
(Mathilde Gaillard), Monique Prevo (Nadine), Raoul Curet (Inspecteur Chavannes),
Martine Sylvestre (Martine, Verkäuferin) und andere
● Come un uragano (Italien - RAI 1971, 5 Folgen, s/w)
Hier spielten Delia Boccardo als Diana, Corrado Pani als Mark, Alberto Lupo als
Inspektor Clay und Renzo Montagnani jene Rolle, die Paul Hubschmid in der
deutschen Fassung spielt (allerdings unter anderem Rollennamen). In die
italienische Fassung wurden zusätzliche Verdächtige eingebaut (etwa Mr. Roach,
der in der deutschen Fassung nur namentlich erwähnt wird, in der italienischen
aber einen ziemlich großen Part als Verdächtiger in Form einen fiesen
Pferderennstallbetreibers einnimmt). Der Titelsong „Diana“ ist einer von vielen
gelungenen italienischen Durbridge-Soundtracks. Weitere kleine Veränderungen
sind etwa, dass Kitty Tracey (italienisch: Kitty Ryan) eine Konditorei und keine
Tierhandlung besitzt. Außerdem will Diana Stewart den Mord an ihrem Mann noch
verhindern, kommt aber zu spät. Das fulminante Finale der deutschen Version
fällt bei der RAI-Version gleichsam unspektakulärer aus. Der Täter wird in einer
Garage gestellt. Wer sich einen Eindruck von der italienischen Version machen
will: bei Youtube habe ich einige untertitelte Szenen inklusive der Abspannmusik
hochgeladen. Einfach "Come un uragano" und "Durbridge" eingeben.
Drehbuch: Francis Durbridge, Übersetzung: Franca Cancogni,
Adaption: Biagio Proietti, Regie: Silverio Blasi, Szenenbild:
Giorgio Aragno, Licht: Vincenzo Seratrice, Kostüme: Marilù
Alianello, Produktionssekretärin: Luciana Ceci Mascolo,
Studioassistenz: Piero Bartocci, Ausstattung: Alberto Badaloni,
Kostümassistenz: Laura Zampacavallo, Cheftechniker: Piero Cicali,
Bildtechnik: Anselmo Travaglini, Tontechnik: Franco Gorini,
Chefkameramann (Studio): Walter Antro, Kameramänner: Sandro Forconi,
Luigi Massei, Filmkamera: Ugo Piccione, Kameraführung: Mario Genna,
Kameraassistenz: Francesco Cappelli, Außenton: Mario Formenti,
Cesare Geraci, Sekretariat: Lya Consalvo, Schnitt: Tomaso Corte,
Aufnahmeleitung: Michele di Stolfo, Musik: Bruno Nicolai,
Musikproduktion: Gemelli, das Lied "Diana" von Nohra - Nicolai
wird gesungen von David King, Herstellungsleitung: Gaetano Stucchi
Darsteller: Delia Boccardo (Diana Stewart), Corrado Pani (Mark Paxton),
Alberto Lupo (John Clay), Renzo Montagnani (Bill Grant), Adriana Asti (Glenda
Cooper), Cesare Barbetti (Paul Cooper), Lucia Modugno (Daisy), Carla Tatò
(Kellnerin), Renato de Carmine (Albert Roach), Gigi Gatti (James), Mariolina
Bovo (Mary), Nora Ricci (Kitty Ryan), Maria Marchi (Frau Huston), Manlio
Guardabassi (Peter Bouth), Paolo Rovesi (Williams) und andere
● Jak blyskawica (Polen - TVP 1972, s/w, 3 Folgen)
Drehbuch: Francis Durbridge, Übersetzung: Kazimierz Piotrowski,
Produktion: Barbara Salacka, Regie: Jan Bratkowski
Darsteller: Ewa Wisniewska (Diana Stewart), Kazimierz Meres (Geoffrey
Stewart), Roman Wilhelmi (Mark Paxton), Krzysztof Chamiec (Inspektor Clayton),
Barbara Horawianka (Thelma Bowen), Ryszard Bacciarelli (Walter Bowen),
Mieczyslaw Voit (Ned Tallboy), Halina Kossobudzka (Hauston), Barbara Klimkiewicz
(Mary Wayne)
Texte: © GP, Die Krimihomepage |