Drei
Schwestern |
Erstsendung (NDR):
Freitag, 19.12.1980, 21.00-23.30 Uhr |
Regie:
Niels Peter Rudolph |
Dauer/
Bild:
158', Farbe |
Inhalt |
Olga, Mascha und Irina, drei
Töchter eines in die östliche russische Provinz versetzten Brigadegenerals,
sehnen sich von ganzem Herzen nach Moskau, der Stadt ihrer Kindheit und Jugend.
Ihr provinzieller Alltag, ihr ganzes Leben wird von Tag zu Tag grauer und
trostloser, überall ist der melancholische Reiz des Verblühens und Welkens zu
verspüren. Mascha verheiratet sich mit einem törichten Gymnasiallehrer, Olga
wird Direktorin eines Mädchengymnasiums und Irina, die jüngste und hübscheste,
verliert ihren Bräutigam im Duell mit einem eifersüchtigen Soldaten, wird
daraufhin Volksschullehrerin. All ihre großen Erwartungen wurden zu großen
Enttäuschungen, für die drei Schwestern bleibt nur noch die Hoffnungslosigkeit
der Zukunft. Selbst ihr Bruder Andrej, Stolz der Familie, hat seine Karriere als
Wissenschafter aufgegeben, ist gekettet an eine unsympathische Ehefrau ...
(Text © JO,
Die Krimihomepage) |
Wissenswertes |
Die Erstausstrahlung erfolge im
Dritten Programm Nord, im HR wiederholt am Dienstag, 20. Oktober 1981, 20.15 -
22.55 Uhr. - Das DDR-Fernsehen zeigte zwei Bearbeitungen: am 29.01.1960 und am
25.03.1984. - Weitere (Theater)-Fassungen: am 22.01.1964, 21.12.1977 und 08. und
09.09.1986 im ZDF und am 02.02.1966 im NDR. |
Kritiken |
Das
Hamburger 'Abendblatt' schrieb am 24. Oktober 1980 zur Theaterpremiere:
"Eine Angstpartie – überstanden, viele Schauspieler, (noch) kein Ensemble:
Niels-Peter Rudolphs schwieriger Start: [...] Man sieht, dreieinhalb Stunden
lang, einer ehrgeizigen, durchdachten, angespannten, oft auch spannenden
Theater-Arbeit zu. Aber sieht und erlebt man auch ein Stück? Denkt man an
die Trübheiten und Verlegenheiten, die im vergangenen Jahr, in der
sogenannten Interimsspielzeit, auf dieser Bühne passiert sind, dann sind
diese „Drei Schwestern“ ein großer, glänzender Neuanfang. Denkt man an die
besten Arbeiten der neuen Hamburger Schauspieler, anderswo, erinnert man
sich vor allem an Niels-Peter Rudolphs wunderbare Inszenierung von
Tschechows „Onkel Wanja“, 1976 in Berlin, dann sind diese „Drei Schwestern“
eine empfindliche Niederlage.
[...] Tschechows Figuren gehören seit langem schon zu den bekanntesten und
beliebtesten des bürgerlichen Theaters – Rudolphs Inszenierung unternimmt
den Versuch, die Bekannten wieder fremd, die Beliebten wieder wahrhaftig zu
machen. [...] Es wird in dieser Inszenierung mehr geschrien als geseufzt, es
herrscht keine fade Wehmut, eher eine grelle Leere. Die Leute geraten nervös
aneinander, reden laut durcheinander, als agierten sie nicht in einem
imaginären „alten Rußland“, sondern in einem Film von John Cassavetes. Noch
einmal also (wieder einmal) nimmt eine Aufführung Abstand vom falschen,
stimmungsvollen Tschechow-Bild, wieder einmal siegt man (ein bequemer Sieg
inzwischen) über die Irrtümer Stanislawskis. Sehr demonstativ führt die
Aufführung sich selber als eine zeitgenössische vor. Was längst
selbstverständlich ist (daß Tschechow kein sentimentaler, sondern ein
unerbittlich objektiver, heiter-erbarmungsloser Autor war), wird noch einmal
wie eine Entdeckung, aufdringlich also, vorgeführt. [...] In den Hamburger
„Drei Schwestern“ ist das Alltägliche durch das Besondere verdrängt worden.
Das Zusammentreffen von lauter überdurchschnittlichen Schauspielern mit
lauter durchschnittlichen Figuren geht eindeutig zugunsten der
überdurchschnittlichen Schauspieler und zuungunsten Tschechows aus. [...],
so führt die Hamburger Inszenierung weniger ein Tschechow-Stück als ein
Tschechow-Exempel vor. Man erlebt lauter Absichtserklärungen, (sinnvolle)
Regiemaßnahmen, (kunstvolle) Schauspieler-Momente – und fragt sich
spätestens nach einer Stunde verwundert, wie man so viele glänzende
Schauspieler sehen kann und darunter keinen wirklich interessierenden,
geschweige denn anrührenden Menschen. [...] mitsamt den Stimmungen hat
Rudolphs Inszenierung auch alle Spannungen zwischen den Figuren
ausgetrieben. [...] Wildgruber wirkt, als sei er aus einer anderen
Inszenierung davongelaufen, in dieser Inszenierung aber noch nicht
angekommen – abwesend, ungenau, die eigene Leere mitunter mit
Leidenschaftsausbrüchen übertönend. Eine Schauspieler-Verlorenheit, kein
verlorener Mensch. Und so intelligent es ist, wie Hildegard Schmahl das
Klischee ihrer Rolle zerbricht (die „Herbe, Leidende, Leidenschaftliche“),
wie sie eine ziemlich desolate, affektierte, vermutlich auch alkoholisierte
Provinz-Diva vorführt, so wenig wird aus diesem neuen Blick eine neue Figur.
Frau Schmahl, ohne Partner, führt eher ein kostbares Repertoire von
Verzweiflungstönen und -gesten vor als einen tatsächlich verzweifelnden
Menschen. Ein dicker Irrläufer, eine verwitternde Primadonna, zwei
Schauspielkünstler, jeder für sich allein: Sind so die Figuren in Tschechows
alltäglichen Geschichten? [...] Seltsamerweise spielt gerade die Zeit in
Rudolphs Inszenierung keine fühlbare Rolle – weder die Zeit, die die
Menschen auf der Bühne miteinander verbracht und vertan haben, noch die
Zeit, die sie, quälend, noch miteinander werden verbringen müssen.
Schauspieler, die sich noch viel zu kurz kennen, spielen Menschen, die sich
schon viel zu lange kennen – an so einem Widerspruch ist schon Luc Bondys
(ebenfalls hochbesetzter) Berliner „Platonow“ gescheitert." |
Die "Drei
Schwestern"-Adaptionen im deutschen Fernsehen |
Drei
Schwestern (1964, ZDF)
Drei
Schwestern (1966, NDR/ RB/ SFB)
Drei
Schwestern (1977, ZDF)
Drei
Schwestern (1980, NDR)
Drei
Schwestern (1986, ZDF) |
Stab |
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Besetzung |
Aufnahmestab |
Andrej Sergejewitsch Prozorow |
Peter Franke |
Natalja Iwanowna, seine Braut, später seine Frau |
Barbara Nüsse |
Olga, seine Schwester |
Marlen Diekhoff |
Mascha, seine Schwester |
Hildegard Schmahl |
Irina, seine Schwester |
Angelika Thomas |
Fedor Iljitsch Kulygin, Lehrer am Gymnasium, Maschas Mann |
Hans Peter Korff |
Aleksandr Ignatjewitsch Werschinin, Oberstleutnant, Batterie-Kommandant |
Ulrich Wildgruber |
Nikolaj Lwowitsch Tuzenbach, Baron, Leutnant |
Christian Redl |
Wassilij Wassiljewitsch Soljony, Stabs-Kapitän |
Gerhard Olschewski |
Anfissa, Kinderfrau |
Hildegard Wensch |
Komödie von |
Anton Tschechow |
Musik |
Joachim Kuntzsch |
Bühnenbild |
Susanne Raschig |
Inszenierung |
Niels Peter Rudolph |
Aufzeichnung einer Aufführung aus dem |
Deutschen Schauspielhaus Hamburg |
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Zwei Stücke von |
Terence Rattigan |
Deutsch von |
Martin Dongen |
Kamera |
Hans Egon Koch |
Szenenbild |
Peter Scharff |
Regie |
Franz Josef Wild |
Eine Co-Produktion von |
BR und ORF |
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