Leben
wie die Fürsten |
Erstsendung (ARD/ SFB):
Dienstag, 28.06.1966, 21.00-22.15 Uhr |
Regie:
Helmut Käutner |
Dauer/
Bild:
ca. 71', s/w |
Inhalt |
Nach dem Ende der
Französischen Revolution überlegen die Funktionäre, wie sie beim Volk
den Hass gegen die Unterdrücker weiter wachhalten können. Sie verfallen
auf die Idee, eine Gruppe Adliger das 'fürstliche Leben' als
Schaustellung und Raritätentheater weiterführen zu lassen, um so
effektiv die Verderbtheit der höheren Klasse zu demonstrieren. Diese
Zurschaustellung, die unter dem Kommando eines Kulturkommissars steht,
der früher bei dieser Familie als Kammerdiener tätig war, ist für die
gaffende Menge erheiternd, für die 'Darsteller' quälend, führt
schließlich zur Selbsterkenntnis ...
(Text © JO,
Die Krimihomepage) |
Wissenswertes |
Wiederholt im
ARD-Abendprogramm am Freitag, 24. November 1967 und im BR-Abendprogramm in
der Reihe 'Fernsehtheater' am Donnerstag, 15. Mai 1975. Sehbeteiligung bei
der Erstausstrahlung: gut (33%), Zuschauerurteil: positiv (+1)
Gong 26/1966, Seite 36 zur Erstausstrahlung: "Deutsche Erstaufführung eines
Fernsehspiels des bekannten französischen Autors. In Form einer amüsanten
Komödie wird die theatralische Lebensart einer adeligen Gesellschaftsschicht
zur Zeit der Französischen Revolution entlarvt." |
Kritik |
Hörzu 29/1966, Seite 39:
"[...] Helmut Käutner hatte das meisterlich inszeniert. Aus dem guten
Ensemble ragten heraus: Peter Pasetti als Graf von Valency und Hubert von
Meyerinck in der zwiespältigen Rolle des zum Funktionär avancierten
Lakaien."
'Die Zeit' schrieb am 8. Juli 1966: "Huis clos in Dur: Jean Anouilh
verwandelte das Toten reich Sartres in ein sozialistisches Museum, drapierte
die Hölle mit zierlichen Möbeln und ersetzte die Hades-Türen durch eine
Reihe von Kordeln, die, wie es in Museen üblich ist, das ausgestellte
Schaustück vor dem Zugriff der Neugierigen schützen. Schaustück ist im Fall
des Anouilhschen Fernsehspiels „Leben wie die Fürsten“ eine Kollektion
aristokratischer Prachtexemplare: der als Tänzer, Bridgespieler und
Tontaubenschießen ausgewiesene Vater samt seiner launischen Gattin (Überdruß
und Migräne zeichnen sie aus), die strickende Tante, der verbummelte Sohn,
die Kleider verschleißende Tochter und der ewig schnarrende, ewig Hacken
schlagende, ewig vertrottelte Schwiegersohn. Eine grandiose Idee: von ihrem
ehemaligen Diener ins Museum gestellt, dem Schafott, aber nicht dem
Richtspruch entgangen, spielen die Herren von gestern im Angesicht des
souveränen Volks, vor den Augen der Arbeiter, der Frauen und Dreikäsehochs,
noch einmal sich selbst..., spielen es zur Lehre und Belustigung von
Kommissaren und Biertrinkern, von Schalksnarren und Simpeln, spielen es,
weil Revolution war und die Regierenden wünschen, daß die fortschrittliche
Klasse über die Usancen des Großbürgertums in einem Augenblick unterrichtet
wird (und zwar anschaulich und beispielhaft), in dem es diese Schicht gar
nicht mehr gibt. Deshalb also die Museums-Aktionen der Grafenfamilie,
morgens, mittags und abends, deshalb eine Demonstration, die sich am Ende
durch gesellschaftliche Schulungsregeln abgerundet sieht: Warum und zu
welchem Ende gab sich die jeunesse dorée des Großbürgertums dem Alkohol hin?
Weshalb wurde Sorbet getrunken? Wußten Sie, Genossen, daß das Kleid der
Gräfin vom Monatslohn eines Fabrikarbeiters nicht bezahlt werden konnte?
Natürlich dachte man bei alledem an Brecht und Puntila: Wir zeigen nämlich
heute abend hier euch ein gewisses vorzeitliches Tier estatium possessor,
auf deutsch Gutsbesitzer genannt. Welches Tier, als sehr verfressen und ganz
unnützlich bekannt, wo es noch existiert und sich hartnäckig hält, eine arge
Landplage darstellt. Der Unterschied ist nur, daß Herr Puntila, im
Augenblick seiner Aktionen, noch Handlungsfreiheit besitzt, während die
Figuren der Anouilhschen Parabel ihre größere Einsicht mit größerer Ohnmacht
erkauft haben – statt zu agieren, spielen und zitieren sie, beginnen zu
vergessen, daß sie vor Zuschauern auftreten, geben Reprisen, zerren
Vergangenes in neuer Beleuchtung ans Licht, wenden ihr abgetragenes
Schicksal um und um, suchen nach Auswegen, aber was dabei herauskommt, ist
bestenfalls der Traum vom einfachen Leben, das kleine Vorstadtglück, die
Verlogenheit, die Sentimentalität – der junge Adlige begibt sich mit der
Striptease-Tänzerin in die Fabrik. Kurzum, man hat sein Los verdient, der
resignierend-sympathische Graf bemerkt es sehr bald, hat es verdient, am
Leben geblieben zu sein, um nun, es gibt kein Zurück, den Wäschern und
Maurern („Lauter!“ „Die übertreibt!“ „Der war letzte Woche viel besser!“
„Warum spreizt sie beim Trinken denn nicht ihren Finger?“) einen Einblick in
das Märchenleben der einst regierenden Kreise zu geben. Eine aparte Idee,
eine Ansammlung vertrauter Anouilh-Figurinen (sogar die für die Armen
strickende Dame war mit dabei: Tante Mina, die man bisher als Eurydike
kannte), eine Paraderolle im Zentrum – Diener Anton, der die Herrschaften
liebt und verachtet, ihnen das Leben rettet und ihnen in den Kaffee pißt
(darum also war er immer so sauer...), eine vortreffliche Regie, Käutner
konnte nach Herzenslust mit Requisiten hantieren, unter Turnhallenringen
oder am Barren Adelselegien absingen lassen oder die Spieluhr bewegen, die
Internationale zum Besten zu geben – die Tändelei hatte Konsequenz,
ungeachtet aller Arabesken wurde die Parabel zu Ende gedacht, es regierte
die Eleganz des Kalküls." |
Stab |
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Besetzung |
Aufnahmestab |
Graf |
Peter Pasetti |
Gräfin |
Friedel Schuster |
Sohn Hubert |
Michael Hinz |
Tochter Alwine |
Ingeborg Lüscher |
Schwiegersohn Tassilo |
Eckart Dux |
Tante Mina |
Erika von Thellmann |
Anton |
Hubert von Meyerinck |
Geschäftsmann |
Martin Hirthe |
Zimmermädchen |
Ilse Pagé |
Kommissar |
Benno Hoffmann |
Erster Soldat |
Günter Briner |
Zweiter Soldat |
Henning Schlüter |
Generaldirektor |
Georg Gütlich |
Ein Mann |
Helmut Heyne |
Ruppiger Mann |
Herbert Weißbach |
Eine Frau |
Marianne Pohlenz |
Alte Frau |
Dorothea Thiess |
Halbwüchsiger |
Christian Böttcher |
Ein Junge |
Heiner Jordan |
Ein Mädchen |
Alexandra Andres |
Kleines Mädchen |
Gundula Bunkert |
Eine Mutter |
Christa Ewert |
Präsident |
Alexander Engel |
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Fernsehspiel von |
Jean Anouilh |
Deutsch von |
Helga Krolewski |
Kamera |
Arndt von Rautenfeld |
Musik |
Bernhard Eichhorn |
Szenenbild |
Helmut Käutner
Günther Naumann |
Produktion |
Hanns Korngiebel |
Fernsehbearbeitung und Regie |
Helmut Käutner |
Eine Produktion
des |
SFB |
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