Die Außenaufnahmen
wurden im August 1956 in der Schweiz gedreht (Drehorte: Bern, Twann, St.
Blaise, Taubenlochschlucht und Neuchatel), die Innenaufnahmen entstanden
im Jänner 1957 im Fernsehstudio des Süddeutschen Rundfunks in
Stuttgart-Killesberg.
Regisseur Franz Peter
Wirth (1919-1999) gilt als Pionier
des deutschen Fernsehens. Für den Südfunk Stuttgart inszenierte alle
vier bis sechs Wochen in der Anfangzeit des TVs ein Live-Fernsehspiel,
darunter 1956 die Edgar-Wallace-Verfilmung "Der Hexer". Mit "Der Richter
und sein Henker" hat er als erster Fernsehregisseur überhaupt einen
Spielfilm gedreht. In einem 1996 mit dem Schweizer Fernsehen für 3sat
geführten Interview anlässlich der Wiederholung des Films erzählte er
über die Schwierigkeiten während der Dreharbeiten und erklärt, dass er
ganz froh war, endlich einmal einen Film außerhalb des Studios drehen zu
können. Es folgt eine zum wortwörtliche Wiedergabe des Interviews
mit dem bis zu seinem Tod aktiven renommierten Regisseur: "Ich glaube
nicht, dass man "Richter und sein Henker" als Originalfernsehfilm im
Studio machen kann. Das geht einfach nicht, weil die Handlung einfach
das verlangt. Z. B. wie der Tschanz da
einbricht in diese Villa usw. [...] Ich war natürlich jung und wir haben
uns gleich eine große Aufgabe vorgenommen: also nicht klein angefangen,
sondern gleich mit einem richtigen Spielfilm. [...] Der Gottschalk und
ich haben das Drehbuch gemacht und der Dürrenmatt waren auch nicht dagegen. Es hat da
überhaupt keinen Krach gegeben oder dass er beleidigt gewesen wär. Er
war einfach froh, dass wir das gemacht haben. Er war immer dabei, wir
haben ihn immer um Rat gefragt.
Wir waren ja sehr oft bei ihm zu Hause zur Besprechung [...]. Das haben
wir alles sehr sorgfältig gemacht, man hat uns viel Zeit gegeben. Einen
"Dürrenmatt" zu machen, war ja etwas Besonders. [...] Fast alle
Innenaufnahmen haben wir in Stuttgart im Atelier gedreht. Die
Außenaufnahmen am Originalschauplatz, den der Roman vorschreibt, im
Berner Oberland. [...] In Stuttgart gab es noch keine ausgebauten
Studios, sondern das waren die Ausstellungshallen. Und in diese
Ausstellungshalle, wurden dann die Dekorationen eingebaut. [...]" Zur
Schlussszene erklärt der Regisseur: "Das war damals ganz lustig, wir
haben das ja 1956 gedreht. Es gab schon wieder alles, aber es war doch
die Zeit nach dem Krieg. Karl Georg Saebisch, ein wunderbarer
Schauspieler aus Baden Baden, der sagte zu mir: "Kann's nicht ein echter
Hummer sein? Und ein echter Chablis? Ich habe noch nie Hummer gegessen."
Und wir, wir waren ja damals überhaupt nicht erfahren, heute würde ich
sagen: "Den Hummer dürfen
Sie hinterher essen". Wir haben an der Szene fast einen dreiviertelten
Tag gedreht und unentwegt musste ein Bote zum Feinkostgeschäft runter in
die Stadt fahren, und immer wieder neuen Hummer holen. Am Ende konnte er
keinen Hummer mehr sehen. Den Chablis hat er auch getrunken, Alkohol
während dem Dreh ist ja an sich Unsinn, aber wir dachten, er spielt
besser, wenn er echten Chablis trinkt. Nach zwei Gläsern hat er dann
gesagt: "Ich muss aufhören" und er hat dann Mineralwasser gekriegt".
Über die Dreharbeiten führt Franz Peter Wirth weiter aus: "Wir haben uns
damals Erfahrungen selber aneignen müssen. Uns hat ja niemand sagen können, wie Film machen geht, weil
die Filmleute selber wollten mit uns nichts zu tun haben. Darum war die
Aufregung auch so groß, als wir plötzlich unseren ersten Film machten,
auf 16mm". Zur Begräbnisszene erklärt Wirth, dass
diese im Studio gedreht wurde: "Wir wollten das natürlich
auch in der Schweiz drehen, aber uns lief die Zeit davon. Wir mussten ja
alle vier bis sechs Wochen ein Fernsehspiel herausbringen. Wir haben
also in der Schweiz und haben gedreht und dann kamen wir in eine
Schlechtwetterperiode, über eine Woche saßen wir da und konnten nicht
drehen. Dann mussten wir aber wieder zurück nach Stuttgart, weil die
nächste Livesendung für uns wieder vor der Tür stand. Da haben wir dann
zuerst gesagt: also gut, nächstes Jahr um die gleiche Zeit machen wir in
der Schweiz weiter. Wir waren also wirklich ganz naiv in der Beziehung.
Und dann konnten wir es doch nicht machen und haben die Begräbnisszene
im Studio
gemacht. [...] Kameramann Fritz Moser
[Bild, links neben Franz
Peter Wirth] war der einzige Mann,
der was vom Filmen verstand, denn der war vorher Kameramann bei der
Wochenschau. [...]"
Über die Dreharbeiten erzählt Wirth
weiter: "Wir waren Liveabläufe gewöhnt. Das hieß: man konnte nichts raus
schneiden. Live hieß: wenn einer zur Türe geht, dann ging er rein durch
die Tür, setzt sich an den Tisch, beim Film lässt man ihn halt gleich an
den Tisch setzen. Und so haben wir auch gefilmt. Wenn jemand mit dem
Auto fuhr, fuhr er vor, hat den Schlüssen raus gezogen, ist
ausgestiegen, ist an die Haustür gegangen, hat aufgesperrt usw. Wir
haben dann einen Cutter hingesetzt, der hat was von der Sache verstanden
und hat gleich eine halbe Stunde raus geschnitten. [...] Eine Szene
haben wir im Haus eines schweizer
Architekten am Samstag gedreht und wir haben versprochen, zeitig fertig
zu werden, weil die Dame des Hauses sagte: "Wir haben eine Gesellschaft.
Die Schweizer Haute Volée". ... und die standen draußen in Abendkleidung
und wir waren und waren nicht fertig. [...] Die Schweizer Polizei, die
in einer Szene mitspielte, wollte dem deutschen Fernsehen zeigen, was
die schweizer Polizei so kann. Und da sind die wie im Krieg in ein
Rosenbeet gefahren und wir mussten dann alles ersetzen".
1975 verfilmte übrigens Maximilian Schell den Roman erneut fürs Kino.
Damals spielten Jon Voight und Martin Ritt die Hauptrollen, Dürrenmatt
selbst trat in einer Nebenrolle auf. Die Romanfigur Bärlach taucht
übrigens erneut in dem Roman "Der Verdacht" auf. |